GNOSIS
Die Elektrifizierung der Luftfahrt eröffnet eine neue Dimension für die Auslegung und den Betrieb von Flugzeugen. Die erweiterte Verwendung elektrischer Komponenten wird dabei als Möglichkeit gesehen, die Betriebskosten sowie die ökologischen Belastungen in Form von Abgasen und Lärm zu reduzieren. In Teilen soll sich zudem die Zuverlässigkeit und Sicherheit steigern lassen. Dies gilt für eine zukünftige Elektrifizierung der heutigen Flugzeugmuster, eröffnet jedoch zudem neue Mobilitätsoptionen zum Beispiel durch den Betrieb von neuartigen urbanen und regionalen Lufttaxis.
Der aktuelle Stand von Forschung und Technik macht deutlich, dass eine Elektrifizierung der Luftfahrt nicht per se zielführend ist. Vielmehr muss ihre Berechtigung individuell für verschiedene Systemarchitekturen und Flugzeugkonfigurationen über die verschiedenen Flugzeugklassen hinweg nachgewiesen werden. Allerdings besteht weiterhin die Hypothese, dass die klassischen Architekturen und Betriebsprozesse der Luftfahrt lediglich ein lokales Optimum darstellen, neben dem es weitere Optima gibt, die durch die Einführung bzw. Anwendung neuer Technologien, insbesondere der Elektrifizierung, zugänglich gemacht werden können. Entsprechend dynamisch werden seit einigen Jahren die neuen Entwurfsdimensionen der Elektromobilität von Forschung und Industrie auch im Bereich der Luftfahrt aufgegriffen und ausgelotet.
Die bis jetzt vorliegenden Untersuchungen beschränken sich in ihren Analysen jedoch nur auf Teilaspekte der elektrifizierten Luftfahrt. Eine holistische Analyse des Potenzials des elektrischen Fliegens wurde bislang nicht angegangen. Genau an diesem Punkt setzt das Projekt GNOSIS an. Im Anschluss an eine strukturierte Auswahl und Kombination von Technologien, die durch eine Elektrifizierung des Flugzeugantriebs möglich werden, erfolgt eine umfassende Bewertung sowohl auf Flugzeugvehikel- als auch auf Lufttransportsystem-Ebene. Die Evaluation umfasst dabei neben der räumlichen Dimension wie Vehikel, Flughafen, Luftraum, Material- und Energiebereitstellung und einer Lebenszyklusanalyse auch rechtliche Aspekte wie der Zertifizierbarkeit oder Luftrecht, das heißt neben den Leistungs- und Wirkparametern des neuen Systems fließen auch abgeschätzte bzw. vorhergesagte Randbedingungen in die Bewertung ein. Für diese Bewertung wurden vorab fünf Kategorien identifiziert. Dazu zählen Globale Emissionen als Indikator für die Klimafreundlichkeit und Lokale Emissionen, die Rückschlüsse auf die Einflüsse auf die lokale Luftqualität geben sollen. Weiterhin gilt es, die Konzepte hinsichtlich ihrer Lärmemissionen zu vergleichen und zu bewerten. Eine besondere Bedeutung kommt auch der Bewertung von Kostenaspekten zu, um betriebswirtschaftliche Chancen und Herausforderungen für die Integration elektrifizierter Flugzeuge in die bestehenden Flotten aufzuzeigen. Als letztes Kriterium, das allerdings von gleicher Bedeutung wie die zuvor genannten Aspekte ist, wird die Sicherheit der neu entworfenen Konfiguration analysiert, da allein schon aus Nutzerakzeptanzgründen mindestens gleichbleibende Sicherheitsstandards garantiert werden müssen.
Die technische Modellierung und Simulation der elektrifizierten Flugzeugkonfigurationen wird in eine Lebenszyklusanalyse eingebunden, in der die gesamte Lebensphase der Flugzeuge von Produktion über Betrieb bis hin zur Entsorgung und Verwertung betrachtet wird. Dabei werden die Bereiche Vehikel und Kraftstoffe beziehungsweise Energieträger differenziert. Weiterhin wird zwischen ökologischen und ökonomischen Aspekten des Flugzeuglebenszyklus unterschieden.
Die Bewertung wird zunächst für Flugzeuge mit 19 Sitzplätzen und im weiteren Verlauf auch für Flugzeuge mit 9 und 50 Sitzplätzen durchgeführt. Dies geschieht jeweils für die beiden Bewertungshorizonte in den Jahren 2025 und 2050. Dadurch wird es möglich, sowohl die in naher Zukunft als auch die längerfristig erreichbaren Effekte zu untersuchen und daraus Empfehlungen für das Setzen von künftigen Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkten ableiten zu können.
Die für die Bearbeitung des Projekts notwendige Expertise wird in einem Konsortium bestehend aus 13 Partnern vereint. Dazu zählen:
- Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme der RWTH Aachen
- Institut für Strahlantriebe und Turbomaschinen der RWTH Aachen
- Institut für Strukturmechanik und Leichtbau der RWTH Aachen
- Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen und Center for Mobile Propulsion der RWTH Aachen
- Bauhaus Luftfahrt e.V.
- Lehrstuhl für Informatik VIII - Informationstechnik für Luft- und Raumfahrt der Universität Würzburg
- Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen der Technischen Universität Braunschweig
- Institut für Flugzeug-Systemtechnik der Technischen Universität Hamburg
- Institut für Aerodynamik und Gasdynamik der Universität Stuttgart
- Institut für Flugzeugbau der Universität Stuttgart
- Fachgebiet Stoffstrommanagement und Ressourcenwirtschaft der Technischen Universität Darmstadt
- Institut für Flugsysteme und Regelungstechnik der Technischen Universität Darmstadt
- Professur für Energiespeichersysteme der Technischen Universität Dresden
Weitere Unterstützung erhalten die Projektpartner von Rolls Royce und der Europäischen Agentur für Flugsicherheit EASA.