Hybrid actuation in primary flight control systems : a force-fight inhibiting system architecture

  • Hybride Stellantriebe in Primären Flugsteuerungssystemen - Eine Kraftkonflikt vermeidende Systemarchitektur

Röben, Tobias; Stumpf, Eike (Thesis advisor); Moormann, Dieter (Thesis advisor)

Aachen (2018, 2019)
Doktorarbeit

Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2018

Kurzfassung

In der zivilen Luftfahrt konzentrierten sich Anstrengungen zur Optimierung und zur Steigerung der Effizienz über Jahrzehnte hinweg auf einzelne Subsysteme. Heutzutage wird die Systemarchitektur eines Flugzeuges vermehrt ganzheitlich betrachtet. Eingängiger Ansatz den Aufwand von Systemintegration zu reduzieren und Effizienz zu steigern ist es hydraulisch und pneumatisch betriebene Systeme durch elektrische zu ersetzen. Dies trifft vor allem auf große Flugzeuge zu, bei denen die Verteilung von zentral erzeugter hydraulischer und pneumatischer Energie aufwendig ist. Im Hinblick auf die Elektrifizierung von Flugzeugsystemen standen zunächst vornehmlich weniger kritische Systeme im Vordergrund. In einem nächsten Schritt lässt sich dieses Konzept jedoch auch auf die primäre Flugsteuerung anwenden, welche bisher üblicherweise auf der dreifach-redundanten Versorgung durch hydraulische Energie basiert. Hierbei verbinden Versorgungsleitungen die zentrale Quelle hydraulischen Druckes mit den Stellantrieben, welche sich an den verschiedenen Steuerflächen des Flugzeuges befinden. Die Integration dieser starren Rohrleitungen innerhalb des Flugzeuges ist aufwendig und impliziert Druckverluste sowie die Möglichkeit der Leckage von gesundheitsschädlichem Hydrauliköl. Elektrische Antriebe dagegen ermöglichen es bei der Flugsteuerung komplett auf Hydraulik zu verzichten. Allerdings besteht hier bisher wenig Erfahrung. Aufgrund der sicherheitskritischen Anwendung und den damit verbundenen Zuverlässigkeitsanforderungen wird es zwischenzeitlich vermehrt hybride Aktuator-Konfigurationen geben. In solchen Konfigurationen arbeiten konventionelle Hydraulik-Aktuatoren parallel zu elektrischen an derselben Steuerfläche. Die Energieversorgung ist dann sowohl elektrischer als auch hydraulischer Natur und damit dissimilar. Bei einer auf diese Weise betriebenen Steuerfläche ist der aktiv/aktiv Betrieb beider Stelleinheiten anzustreben. Dies ist zum einen besonders effizient, da ein deaktivierter Aktuator bremsend wirken würde. Zum anderen reduziert sich das Systemgewicht und der notwendige Bauraum, wenn sich die anliegende Last gleichmäßig auf die vorhandenen Geräte verteilt, was wiederum bei deren Dimensionierung berücksichtigt werden kann. Darüber hinaus ist die Umsetzung eines aktiv/passiv Modus in hybriden Systemen mit elektromechanischen Antrieben kaum realisierbar. Letztere stellen aufgrund ihrer Getriebeübersetzung eine zu große Trägheit dar, wenn sie generativ betrieben werden. Auch wird die Dissipation der generierten Energie zum Problem. Letztlich müssen elektrische Antriebe in Zukunft aktiv betrieben werden und den Nachweis erbringen, dass sie die notwendige technologische Reifebesitzen, um die konventionelle hydraulische Flugsteuerung in der zivilen Luftfahrtendgültig abzulösen. Daher beschäftigt sich diese Publikation mit der Machbarkeit und der Leistungsfähigkeit einer hybriden Aktuator-Konfiguration im aktiv/aktiv Betrieb. Das vorgestellte System kombiniert alle drei Prinzipien der Klappenansteuerung, sowohl die servo-hydraulische, als auch die elektro-hydrostatische und die elektromechanische, innerhalb eines akademischen fly-by-wire Flugsteuerungssystems. Es repräsentiert alle physikalischen und elektrischen Komponenten eines modernen Flugsteuerungssystems, wie z.B. die Piloten-Steuerorgane, Flugsteuerungsrechner und dezentrale Aktuator Elektronik. Entsprechende Anforderungen und Auswirkungen einer solchen Konfiguration werden aufgezeigt. Das Kernproblem im Zusammenhang mit hybrider Flugsteuerung ist das Auftreten von strukturellen Lasten während des aktiv/aktiv Betriebs, genannt Force Fight: Jegliche Ungleichförmigkeit bei der Montage und in der Funktionsweise der Aktuatoren führt zu ungleichmäßigem Stellverhalten im Betrieb. Solche Positionierungsfehler resultieren in Verspannungen innerhalb der statisch überbestimmten Klappen-Struktur. Dadurch, dass unvorhergesehene Strukturlasten die Dauerfestigkeit des Systems drastisch reduzieren können, kommen hybride Konfigurationen im aktiv/aktiv Betrieb derzeit nicht in Frage für sicherheitskritische Flugsteuerungssysteme. In Anbetracht dieses Hindernisses wurde die hier vorgestellte Systemarchitektur in einer Prüfstandsumgebung realisiert. Sie demonstriert, dass der Effekt des Force Fight auch in solch extremen Konfigurationen auf ein Minimum reduziert werden kann. Zu diesem Zweck wurde eine Modellfolgeregelung implementiert, welche das spezifische Antwortverhalten der einzelnen Aktuator-Technologien kompensiert und eine gleichförmige Bewegung aufprägt. Parallel dazu vermeiden ein PID Kraftkonflikt-Regler und ein konventioneller Positionsregler bleibende Regelabweichungen. Auf diese Weise werden beide Ursachen für Force Fight, sowohl der statische als auch der dynamische, mit gezielten Regelungsansätzen adressiert. Dieses Regelungskonzept ist eingebettet in eine zeitgemäße Systemarchitektur. Es wird daher keine zusätzliche Elektronik benötigt und erhöht dadurch nicht die Systemkomplexität. Allgemein wird gezeigt, dass die vorgestellte Architektur vergleichbar mit konventionellen Flugsteuerungssystemen und dabei nicht nur hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit, sondern auch mit Blick auf Sicherheit und Zuverlässigkeit, konkurrenzfähig ist. Sie stellt damit einerseits eine Übergangslösung und zugleich den nächsten Schritthin zu einer rein elektrischen Flugsteuerung dar.

Einrichtungen

  • Lehrstuhl und Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme (ILR) [415310]

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